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Interview miT Thorsten Birk
Geschäftsführer von SUBS

Untertiteln heißt kürzen

In einem gemütlichen Altbaubüro, mitten in Eimsbüttel, sitzen Thorsten Birk und seine Kolleg·innen von subs. Als langjährige Partner von FILMFEST HAMBURG kümmert sich das Hamburger Unternehmen um die Untertitelungen von ausgewählten Filmen aus dem Festivalprogramm. Die Platzierung von meist zweireihigen Textzeilen am unteren Bildrand des Films auf der Kinoleinwand ist keine rein technische Angelegenheit, sondern ein anspruchsvoller Job für ausgewiesene Filmkenner·innen, immer mit dem Ziel, Filmkunst aus aller Welt für die Kino- und Festivalbesucher·innen verständlich zu machen.  

 

FILMFEST HAMBURG: Thorsten, wie geht Untertitelung?

 

THORSTEN BIRK: Es beginnt mit der Auswahl des Films durch die Festival- bzw. Programmleitung. Um starten zu können, brauchen wir immer einen Screener des Films als Link, möglichst zum Downloaden, das Dialogbuch in der Originalsprache des Films sowie – wenn vorhanden – englische Untertitel als Referenz. Die Übersetzung wird von Muttersprachler·innen gemacht, die bei Bedarf Rücksprache mit den Filmemacher·innen halten, um kulturelle Nuancen und spezifische Ausdrücke zu verstehen. Dann gehen die Texte nochmal ins Lektorat und werden von unabhängigen Muttersprachler·innen, die den Film nicht kennen, Korrektur gelesen.   

 

FILMFEST HAMBURG: Aber wie kommen dann die Textzeilen auf den Film, macht ihr das auch?

 

THORSTEN BIRK:  Die Einbettung der Untertitel macht der Technikpartner Optical Art. Es ist wichtig, dass die Untertitel technisch einwandfrei und richtig positioniert werden, um ein optimales Seherlebnis zu bieten. Regelmäßige Besuche im Studio helfen, den Fortschritt zu überwachen und sicherzustellen, dass technische Aspekte wie Sonderzeichen, Umlaute und kursiver Text korrekt dargestellt werden. Wenn dann alle Anpassungen und Überprüfungen abgeschlossen sind, wird der untertitelte Film auf einer großen Projektionsleinwand geschaut und noch einmal geprüft, ob die Untertitel für die Vorführung geeignet sind.

 

FILMFEST HAMBURG: Wer sind eure Kunden?

 

THORSTEN BIRK: Wir arbeiten überwiegend für deutsche und deutschsprachige Festivals. Zum Beispiel sind wir für die Berlinale für die Filme des Forums und der Retrospektive verantwortlich und betreuen als Berater auch den Wettbewerb. Das heißt wir geben ein Handout raus mit Spezifikationen für die bilingualen Untertitelungen, die bei den Wettbewerbsfilmen ja verpflichtend sind. Die Produktionen und oder Verleiher können damit zu den Untertitel-Firmen ihres Vertrauens gehen, oft werden aber auch wir direkt beauftragt. Für die Festivals in Cannes und Venedig machen wir für ausgewählte deutsche Filme die französischen bzw. italienischen Untertitel.

 

FILMFEST HAMBURG: Du hast gerade von bilingualen Untertitelungen gesprochen. Was sind dabei die Herausforderungen?

 

THORSTEN BIRK: Na ja, da muss in jedem Fall was wegfallen. Wir haben ja nur Platz für zum Beispiel eine englische und eine deutsche Zeile. Alles andere wird zu überfrachtend und überfordernd, oder es stört das Bild. Unsere Expertise ist, zu straffen und zu kürzen. Wenn Du die Untertitelungen liest, muss es so sein, als wird es gesprochen. Du willst den Film ja erleben. Wenn die Untertitel gut sind, merkst Du nicht mehr, dass Du liest, dann bist Du im Film.

   

FILMFEST HAMBURG: Ihr übersetzt in alle Sprachen. Was war die herausforderndste und ungewöhnlichste Übersetzung, die ihr gemacht habt?

 

THORSTEN BIRK: Wir untertiteln ja auch viel für das Goethe-Institut. Es gab da mal über ein paar Ecken für ein Dokumentarfilmfestival einen Auftrag, einen Film in Tamazight zu übersetzen, das ist eine Berber-Sprache, ähnlich der Sprache der Tuareg – man war das abgefahren. Es ist zwar auch unser lateinisches Alphabet, aber das sah dann irgendwie aus wie hin gewürfelt, Vokale, Konsonanten…Das war sehr spannend, weil es eigentlich auch keine wirkliche Schriftsprache ist, sondern eine Erzählsprache. Eine andere Herausforderung war eine Filmübersetzung aus dem Alt-Isländischen, eine Sprache, die heute nur noch von wenigen älteren Menschen in Island gesprochen wird. Wir sollten einen Dokumentarfilm über isländische Steingeister und Graswesen in der Wildnis untertiteln, ein faszinierendes Thema, das aber viel Arbeit erforderte. Wir hatten Glück, dass die Oma einer isländischen Kollegin die Sprache noch konnte.

 

FILMFEST HAMBURG: Apropos: Wie findet Ihr denn Eure Übersetzer·innen?

 

THORSTEN BIRK: In den letzten 25 Jahren haben wir ein großes Netzwerk von freien Mitarbeiter·innen und Übersetzer·innen aufgebaut, die sich aus Leidenschaft für das Kino engagieren. Viele arbeiten bei Festivals, wie einige unserer Kolleginnen, die zum Beispiel auch bei FILMFEST HAMBURG als Gästebetreuerinnen arbeiten. Alle bringen in ihren jeweiligen Sprachen einen reichen Erfahrungsschatz mit. Bei der Suche nach Übersetzer·innen berücksichtigen wir nicht nur ihre sprachlichen Fähigkeiten, sondern auch ihre Erfahrungen und ihr Verständnis für die Anforderungen der Filmübersetzung. Es ist wichtig, dass sie nicht nur die Sprache beherrschen, sondern auch ein Gefühl für den Ton und die Nuancen des Films haben.

 

FILMFEST HAMBURG: Noch mal zurück zu den Herausforderungen: Wie sieht es denn bei den Untertitelungen mit Sprachen aus, die eine andere Schrift haben?

 

THORSTEN BIRK: Dann wird es in der Tat komplex. Für Keilschriften oder kalligrafische Schriften haben wir Zugang zu verschiedenen Programmen und Werkzeugen, die uns helfen, auch mit solchen Schriften umzugehen. Bei komplexen Schriften wie Tigrinya oder anderen Sprachen aus Somalia, Äthiopien oder Eritrea, die oft kalligrafische Elemente enthalten, ist es wichtig, die richtige Darstellung zu finden. Es muss in den Untertitel-Programmen funktionieren.

 

FILMFEST HAMBURG: Die Untertitelung eines Films hat ja auch was mit Verständigung und Teilhabe zu tun. Was bedeutet für dich barrierefreies Kino?

 

THORSTEN BIRK: Das ist ein wichtiges Thema. Als Untertitelungsfirma arbeiten wir eng mit Verbänden und Organisationen zusammen, die sich für Menschen mit Einschränkungen einsetzen. Gemeinsam entwickeln wir barrierefreie Lösungen. Für gehörlose oder blinde Menschen sind Gehörlosen-Untertitel und Audiodeskriptionen unerlässlich. Audiodeskriptionen ermöglichen es blinden Menschen, das Geschehen auf der Leinwand zu verstehen, indem wichtige visuelle Elemente beschrieben werden. Für uns bedeutet barrierefreies Kino, allen Menschen die Möglichkeit zu geben, das Kinoerlebnis vollständig zu genießen und Filme gemeinsam mit ihren Freund·innen zu erleben.

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