31. FILMFEST HAMBURG
Herausfordern und hinterfragen – das Filmprogramm 2023
12. September 2023
FILMFEST HAMBURG wird am 28. September mit dem jordanischen Film Inshallah a Boy von Amjad Al Rasheed eröffnet und endet am 7. Oktober mit dem schwedischen Beitrag Paradise is Burning von Mika Gustafson. Zum zweiten Mal ist das Molodist Kyiv International Film Festival zu Gast, das seinen nationalen Wettbewerb mit sieben Langfilmen in der Hansestadt ausrichtet. Die diesjährige Douglas Sirk Preisträgerin ist Sandra Hüller, die am 30. September vor der Deutschlandpremiere von Anatomie eines Falls mit dem Ehrenpreis des Festivals ausgezeichnet wird. Zu 93 Filmen werden Gäste erwartet, darunter Catherine Breillat, Wim Wenders, Bertrand Bonello, Alice Rohrwacher, Ken Loach und Mads Mikkelsen. Treffpunkte für Festivalbesucher·innen, FILMFEST-Gäste und Publikum sind in der Festivalzeit das MOIN FILMFEST CAFÉ im CinemaxX Dammtor und die FILMFEST BAR/Kasematte20, Alsterglacis 20-21.
In seinem letzten Jahr als Festivalleiter hat Albert Wiederspiel zusammen mit seinem Programmteam eine besondere Filmauswahl getroffen: Insgesamt stehen 132 Langfilme aus 48 Produktionsländern auf dem Programm, 25 Kino- und Fernsehfilme feiern ihre Weltpremiere in Hamburg. Mit Poor Things, Evil Does Not Exist, Priscilla und dem Abschlussfilm Paradise Is Burning werden vier der am Wochenende in Venedig ausgezeichneten Filme bei FILMFEST HAMBURG gezeigt. Für Wiederspiel steht das Kuratieren an erster Stelle. Mit einer durchdachten Filmauswahl, einer unverwechselbaren Handschrift, einer notwen-digen Einordnung und Kontextualisierung der Beiträge und natürlich mit den Gästen, die ihre Filme persönlich vor Ort vorstellen, möchte er das Hamburger Publikum begeistern und in Zeiten eines kulturellen und medialen Überangebotes dem Wunsch nach Einordnung Rechnung tragen.
Bekannte Namen & FILMFEST-Wiederkehrer·innen
Die ausgewählten Filme des diesjährigen Programms, sowohl von erfahrenen Regisseur·innen als auch von Debütfilmer·innen, haben eine eigene Handschrift, sie hinterfragen Stereotype und erzählen die Wirklichkeit anders. Sie fordern das Kinopublikum heraus und nehmen die Zuschauenden ernst. Bekannte Namen und FILMFEST-Wiederkehrer·innen mit einer unverkennbaren Filmsprache sind unter anderem Yorgos Lanthimos, der mit Poor Things eine fabelhafte und fantastische feministische Frankenstein-Variation erzählt, oder Xavier Dolan, der mit seiner ersten Serie The Night Logan Woke Up überzeugt. Bei FILMFEST HAMBURG laufen alle fünf Folgen hintereinander, auch um zu unterstreichen, dass serielles Erzählen bewusst als stilistisches Mittel eingesetzt wird und das Format mehr kann als Marktbedürfnisse zu erfüllen. Auf dem Programm stehen außerdem die neuesten Filme vom türkischen Regisseur Nuri Bilge Ceylan (Auf trockenen Gräsern) und von Altmeister Ken Loach (The Old Oak). Richard Linklater, einer der wichtigsten Vertreter des American Independent Cinema, erzählt in Hit Man einen lässig-lustigen Film mit viel Spaß am Auftragskiller-Genre, Todd Haynes in May December eine Liebesgeschichte mit meisterhaften Dialogen, und die französische Regie-Ikone Catherine Breillat hat sich mit Im letzten Sommer der Neuverfilmung der dänischen Produktion Queen of Hearts angenommen, der 2019 bei FILMFEST HAMBURG gezeigt wurde. Radu Jude wirft in seinem neuesten Film Do Not Expect Too Much From The End of The World einen kritischen Blick auf die Arbeitswelt inklusive Ausbeutung in der »Gig Economy« in Zeiten von Social Media, und Sofia Coppola gelingt mit Priscilla ein beeindruckendes Biopic über Priscilla Presley. Mit ihren neuen Werken sind außerdem zwei Großmeister des deutschen Kinos zu Gast: Wim Wenders mit dem Dokumentarfilm Anselm – Das Rauschen der Zeit und seinem japanischen Film Perfect Day, und Dominik Graf, der als Regisseur immer zwischen anspruchsvollen TV-Projekten und wegweisenden Kinofilmen wechselt, mit dem Fernsehfilm Mein Falke.
Starke Debüts & politisch relevante Themen
FILMFEST HAMBURG zeigt in diesem Jahr 15 Debütfilme, darunter Shayda, der auf den Kindheitserlebnissen der iranisch-australischen Regisseurin Noora Niasari basiert und mit Zar Amir Ebrahimi, bekannt aus Holy Spider, prominent besetzt ist. In How To Have Sex erzählt die britische Regisseurin Molly Manning Walker eine Coming-of-Age-Geschichte über gesellschaftlichen Erwartungsdruck und weibliche Lust. Der Film wurde beim Festival in Cannes mit dem Großen Preis in der Sektion »Un Certain Regard« ausgezeichnet. Ein anderes Debüt feiert Voodoo Jürgens: In der melancholisch-humorvollen Vater-Sohn-Geschichte Rickerl – Musik is höchstens a Hobby spielt der österreichische Singer-Songwriter erstmals eine Hauptrolle in einem Film. Voodoo Jürgens ist zu Gast in Hamburg und wird am Freitag, 29. September, ab 22.30 Uhr mit einem musikalischen Programm die FILMFEST BAR/Kasematte20 eröffnen.
Um weibliche Selbstbestimmung in einem zunehmend von Evangelikalen geprägten Brasilien geht es in Power Alley von Lillah Halla. Das Erstlingswerk wird in der Sektion »Veto!« gezeigt und ist mit sechs weiteren Titeln für den Politischen Preis der Friedrich Ebert Stiftung nominiert, darunter das Filmessay After Work in dem der Dokumentarfilmer Erik Gandini die Vision einer Zukunft entwirft, in der die Rolle der Arbeit gesellschaftlich und individuell neu verhandelt werden muss.
Filme aus Asien
Um das Thema Arbeit geht es auch in Wang Bings neuem Film Youth (Spring), in dem der Alltag in chinesischen Kleiderfabriken zwischen Produktionskapazitäten, jugendlichem Übermut und dem Auflehnen gegen die Arbeitsbedingungen eingefangen wird. Neben Filmen bekannter und etablierter Regisseure wie Wim Wenders, der in Perfect Days über das Leben eines Toilettenreinigers in Tokio erzählt, und Hong Sangsoo, der mit einer Reflektion über künstlerische Arbeit In Our Day seinen wohl autobiografischsten Film vorstellt, sind in der Sektion »Asia Express« auch starke Debütfilme vertreten. Nicole Midori Woodford erzählt mit Last Shadow at First Light eine sensible Geistergeschichte um die Suche nach den Spuren der familiären Vergangenheit, und der in Cannes als bestes Debüt ausgezeichnete Film Inside the Yellow Cocoon Shell von Pham Thien Am handelt von einer mystischen Pilgerreise durch das von der christlichen Minderheit geprägte Hinterland Vietnams. Das japanische Kino bildet einen Schwerpunkt in der diesjährigen Sektion und spiegelt damit die Renaissance des dortigen Filmschaffens wider. Im Herzen dieser Entwicklung steht der Filmemacher Ryūsuke Hamaguchi, der nach seinem letztjährigen Oscar-Gewinn für Drive My Car mit Evil Does Not Exist fast unbemerkt seinen nächsten, eigensinnigen Film über die Untiefen der Psyche und die Unwägbarkeiten menschlichen Handelns fertiggestellt hat.
Gegenwartskino im Fokus
Die beiden diesjährigen Filmschaffenden im Fokus Alice Rohrwacher und Bertrand Bonello verfolgen seit ihren Anfängen kompromisslos ihre filmischen Visionen, die thematisch gezeichnet sind von der Fusion von Realität und Fiktion. Während die mit Hamburger Wurzeln in Italien geborene Rohrwacher Mythologie, Religion und Volkskultur auf eine synästhetische Weise zusammenbringt, macht beim französischen Regisseur Bertrand Bonello die Klarheit in der Bildsprache und die Aussagen zu politisch aktuellen Fragestellungen seinen unverkennbaren und doch immer wieder neuen Erzählstil aus. Sein aktueller Film The Beast erzählt in einer Mischung aus Liebesmelodram und Science-Fiction-Dystopie innerhalb dreier Zeitebenen von künstlicher Intelligenz, Liebe und gesellschaftlichen Umbrüchen der jeweiligen Epoche. Neben The Beast zeigt FILMFEST HAMBURG auch die Filme Nocturama (2016) über die Revolte einer Gruppe Jugendlicher in Paris und Saint Laurent (2014) über das von Kunst, Affären und seiner Drogensucht geprägte Leben des Modeschöpfers Yves Saint Laurent. Das Werkgespräch mit Bertrand Bonello findet am 3. Oktober vor der Vorführung von Saint Laurent um 14 Uhr im Metropolis statt.
Neben ihrem neuesten Film La Chimera über das ewige Suchen und Streben nach Liebe und Glück präsentiert Alice Rohrwacher zwei weitere Filme, die individuelle Schicksale mit gesellschaftlichen Herausforderungen verknüpfen und aus den Blickwinkeln von heranwachsenden Mädchen erzählen. In Rohrwachers Debütfilm Corpo Celeste (2011) sucht eine 13-Jährige mehr als eine kalabrische Kleinstadt ihr bietet und sieht sich dabei mit Religion und provinziellen Bräuchen konfrontiert. Mit Bienen, kriminellen Jugendlichen und linkem Idealismus möchte eine 14-Jährige in Land der Wunder (2014) die familieneigene Imkerei mithilfe von Trash-TV retten. Das Werkgespräch mit Alice Rohrwacher findet im Anschluss an die Vorführung von Corpo Celeste am 2. Oktober um 20 Uhr im Metropolis statt.
Deutsches Kino & Hamburger Filmschaffen
Sieben deutsche Kinofilme sind in der Sektion »Große Freiheit« für den Hamburger Produzentenpreis nominiert. Die ausgewählten Filme stehen für einen erweiterten Blick über die typisch deutschen Sehgewohnheiten hinaus, für Eigenständigkeit und neue Erzählweisen, für ein Kino, dass sich mit den anderen ausgewählten Filmen des Programms messen und auch auf internationalem Niveau bestehen kann. Mit Tim Krögers Die Theorie von Allem hat es ein deutscher Film in den diesjährigen Wettbewerb von Venedig geschafft. Katharina Hubers Spielfilmdebüt Ein schöner Ort lief – wie auch Katharina Lüdins Erstlingsfilm Und dass man ohne Täuschung zu leben vermag – auf dem Festival in Locarno und wurde im Wettbewerb »Concorso Cineasti del presente« mit dem Preis für die beste Regie ausgezeichnet. Die Sprache der Millennials spricht das Regie-Debüt der Schauspielerin Aylin Tezel: Falling Into Place ist ein poetisches Liebesdrama und ein präzises Porträt der heute 30-Jährigen. In Kanwal Sethis Drama Was von der Liebe bleibt wird nach dem gewaltsamen Tod der Ehefrau das Leben und die Liebe eines Paares infrage gestellt. Michael Kliers intensives Generationen-Porträt Zwischen uns der Fluss entstand in enger Abstimmung mit den beiden Hauptdarstellerinnen Lena Urzendowsky und Kotti Yun, die unter anderem Ideen für Dialoge und szenische Abläufe einbrachten. In dem hybriden Film Life Is Not a Competition, But I’m Winning hinterfragt Julia Fuhr Mann die stereotypen Geschlechterverhältnisse im Leistungssport. Außer Konkurrenz werden die Filme Anselm – Das Rauschen der Zeit von Wim Wenders und Hans Steinbichlers Verfilmung des Romans von Robert Seethaler Ein ganzes Leben gezeigt.
FILMFEST HAMBURG zeigt sektionsübergreifend Filme, die in Hamburg und im Norden gefördert, gedreht, produziert und postproduziert wurden, darunter aus der Sektion »Kaleidoskop« unter anderem den Animationsfilm Sultana’s Dream (Produktion: Fabian&Fred), Maret (Red Balloon Film), The Lesson, King’s Land und Désert sowie Auf trockenen Gräsern, aus der Sektion »Veto!« Total Trust (Filmtank), aus der Sektion »Televisionen« die Serien Die Quellen des Bösen (Produktion: Wüste Medien) und Last Exit Schinkenstraße und aus der Sektion »Große Freiheit« den Film Und dass man ohne Täuschung zu leben vermag.
Einen komprimierten und noch intensiveren Einblick in das Hamburger Filmschaffen bietet die Sektion »Hamburger Filmschau«, in diesem Jahr unter anderem mit Beiträgen von Hamburger Filmemacher·innen wie Sven Halfar mit seinem Film Heaven Can Wait – Wir leben jetzt über einen 70-plus-Chor, oder von in Hamburg ausgebildeten Regisseur·innen wie Pia Lenz, die mit Für immer einen poetischen Film über eine lange Liebe gedreht hat, sowie Filme über Hamburg wie Wonderland von Sabine Howe über die beiden Gründer des Miniaturwunderlands in der Speicherstadt und Die Unsichtbaren von Matthias Freier über seine Stiefmutter, die als erste Hamburger Kriminalkommissarin in den 1980er- und 90er-Jahren an der Spitze der Hamburger SOKO zur Überführung des Säurefassmörders stand. Michael Söth porträtiert in No Crew Call (Ein Mann – Eine Branche – (K)eine Krise) Lars »Vegas« Ide, der seit über 30 Jahren als Tournee- und Produktionsleiter in der Hamburger Musikbranche arbeitet.
Fernsehfilme auf der Leinwand
Zehn Filme und vier Serien bewerben sich in diesem Jahr um den mit 25.000 bzw. 10.000 Euro dotierten Hamburger Produzentenpreis, gestiftet von der VFF – Verwertungsgesellschaft der Film und Fernsehproduzenten mbH. Darunter neue Arbeiten von Lars Becker, Dominik Graf, Bjarne Mädel, Ute Wieland oder Niki Stein, sowie von jüngeren Talenten wie Martina Plura, Joanna Vogdt, Dustin Loose oder David Clay Diaz. Dass Schulpflichtlektüre, ins Heute versetzt, immer noch aktuell sein kann, beweist Die Flut – Tod am Deich nach Theodor Storms »Der Schimmelreiter«, frei bearbeitet in dem Roman »Hauke Haiens Tod« von Robert Habeck und Andrea Paluch. Dominik Graf ist mit Mein Falke vertreten: Über die intensive Begegnung mit einem Raubvogel und ihre Fälle in der Rechtsmedizin stößt die Biologin Inga auf die zunächst schmerzhafte Frage: Was ist Familie? Anne Ratte-Polle spielt die Hauptrolle. Um eine unbewältigte und unaufgeklärte Mordserie im deutsch-deutschen Grenzgebiet, angesiedelt in der Nachwendezeit der frühen 1990er Jahre, geht es in der sechsteiligen RTL+ Mini-Serie Die Quellen des Bösen mit Henriette Confurius und Fahri Yardim als ungleiches Ermittlerteam. Regie führt Stefan Rick. Von einem ungleichen Musikerpaar handelt die Amazon Prime-Miniserie Last Exit Schinkenstraße mit Heinz Strunk und Marc Hosemann. Nach dem Rauswurf aus ihrer Hamburger Band versuchen ein Saxophonist und ein Trompeter, sich auf Mallorca in der Schinkenstraße, dem Epizentrum der dortigen Partyszene, eine neue Existenz aufzubauen.
Filme für junge Kinobesucher·innen
Das MICHEL Kinder und Jugend Filmfest – seit 2003 fester Bestandteil von FILMFEST HAM-BURG und seit diesem Jahr erstmals im Studio Kino beheimatet – wird am 29. September mit dem Film Die unlangweiligste Schule der Welt eröffnet (Regie: Ekrem Ergün). Mit diesem gehen noch acht weitere Filme ins Rennen um den neuen, mit 10.000 Euro dotierten MICHEL Filmpreis MAJA, der ab diesem Jahr vom Hamburger Kinobetreiber Hans-Peter Jansen gestiftet und am 6. Oktober von der aus Kindern und Jugendlichen bestehenden MICHEL Jury verliehen wird. Weitere Wettbewerbsfilme sind aus Mexiko Erste Risse, aus dem Vereinigten Königreich Georgie, aus der Tschechischen Republik Große Träume, aus Frankreich der Animationsfilm Linda will Hühnchen!, aus den Niederlanden Mein Totemtier und ich, aus der Slowakei Mimi und aus Korea Mutter Erde. Auch der deutsche Abschlussfilm Thabo – Das Nashorn-Abenteuer nach der beliebten Kinderbuchreihe »Thabo, Detektiv und Gentleman« von Kirsten Boie ist für den MICHEL Filmpreis MAJA nominiert.
Die meisten Filme werden in der Originalfassung gezeigt und live im Kinosaal auf Deutsch eingesprochen. Außer Konkurrenz werden auch in diesem Jahr zwei neue Folgen der Pfefferkörner und die »Reihe für Minis« präsentiert, ein pädagogisch begleitetes Kurzfilmprogramm für Kinder ab vier Jahren. In Kooperation mit dem Jungen Kurzfilmfestival Mo&Friese wird im MICHEL Programm mit Der Steinhügel der diesjährige Friese-Preisträger gezeigt.
Filmfest ums Eck
Zum fünften Mal würdigt FILMFEST HAMBURG mit dem zusätzlichen Programm »Filmfest ums Eck« die engagierte Arbeit der Kinobetreiber·innen und Programmmacher·innen für die Stadtteilkultur. In der Festivalzeit wird vom 1. bis 6. Oktober der rote Teppich in Bergedorf (Hansa Filmstudio/1.10. 20:00, Driving Mum), Altona (Zeise Kinos/2.10. 18:00 Tove’s Room), Blankenese (Blankeneser Kino/4.10. 19:45/The Lesson), Winterhude (Magazin Filmkunsttheater/5.10. 19:00/ Was von der Liebe bleibt) und Volksdorf (Koralle Lichtspielhaus/6.10. 17:45/Georgie) ausgerollt.
Molodist Kyiv International Film Festival
Zum zweiten Mal wird das Molodist Kyiv International Film Festival seinen nationalen Wettbewerb mit ukrainischen Langfilmen im Rahmen von FILMFEST HAMBURG präsentieren. Die ausgewählten Filme befassen sich überwiegend mit den 1990er-Jahren: Entweder spielt die Handlung in dieser Zeit oder die Gegenwart wird aus der Vergangenheit abgeleitet. Es ist ein Blick in die noch nicht so lange Geschichte der Ukraine als unabhängigem Staat – und der Versuch der Ukrainer·innen, ihre Identität nach hunderten von Jahren der sowjetischen und russischen Unterdrückung wiederzufinden oder (neu) zu konstruieren. Das Festival im Festival wird am 29. September mit dem Film Forever-Forever (Regie: Anna Buryachkova) eröffnet. Weitere Langfilme, die um den mit 3.500 Dollar dotierten Scythian Deer Award konkurrieren sind Do You Love Me/Regie: Tonia Noyabrova, How Is Katia/Regie: Christina Tynkevych, La Palisiada /Regie: Philip Sotnychenko, Lucky Girl/Regie: Marrysia Nikitiukt, Luxembourg, Luxembourg /Regie: Antonio Lukich und Rock.Paper.Grenade/Regie: Iryna Tsilyk. Beendet wird das Festival mit dem Dokumentarfilm Ukrainian Independence. As It Is., der außer Konkurrenz läuft.
Sonderprogramme & Sondervorführungen
Zwei Filme aus dem Programm werden als Sondervorführungen bei Hapag-Lloyd gezeigt: Aus der Sektion »Veto!« der Dokumentarfilm Im Rückspiegel (4.10., 19:30) und aus der Sektion »Televisionen« zwei Folgen der Thriller Serie Die Saat – Tödliche Macht mit Heino Ferch (5.10., 19:30). Der Hauptdarsteller wird vor Ort zu Gast sein.
Anlässlich der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Hamburg präsentiert FILMFEST HAMBURG zusammen mit dem Kurzfilm Festival Hamburg am 2. und 3. Oktober im Passage Kino mit der »Nacht des Films« ein Filmprogramm, das die Wiedervereinigung und die Zeit davor aus kritischen, unterhaltsamen und dokumentarischen Blickwinkeln beleuchtet. Auf dem Programm stehen der DDR-Kultfilm Die Legende von Paul und Paula (Regie: Heiner Carow, 3.10., 18:00), der Dokumentarfilm Die Akte Lindenberg – Udo und die DDR (Regie: Falko Korth, 3.10., 20:30), das Kurzfilmprogramm Ausgewickelt (3.10., 22:30) und der satirische Horrorfilm Das deutsche Kettensägenmassaker (Regie: Christoph Schlingensief, 3.10., 23:59). Am 3.10. wird um 15 Uhr der Kinderfilm Fritzi – eine Wendewundergeschichte gezeigt (Regie: Ralf Kukula, Matthias Bruhn).
Preise, Jurys & Partner
Eine Preisträgerin steht bereits fest: Sandra Hüller wird am 30. September mit dem Douglas Sirk Preis ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet anlässlich der Deutschlandpremiere des diesjährigen Goldene-Palme-Gewinnerfilms Anatomie eines Falls von Justine Triet im CinemaxX Dammtor statt. Sandra Hüller ist nach Nina Hoss die zweite deutsche Schauspie-lerin, die mit dem Douglas Sirk Preis ausgezeichnet wird.
FILMFEST HAMBURG vergibt in diesem Jahr Preisgelder in Höhe von insgesamt 115.000 Euro, darunter den jeweils mit 25.000 Euro dotierten Hamburger Produzentenpreis für Deutsche Kinoproduktionen und den Hamburger Produzentenpreis für Internationale Kino-Koproduktionen, gestiftet von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg. Weitere Preise sind der mit 25.000 Euro dotierte Hamburger Produzentenpreis für Deutsche Fernsehproduktionen, gestiftet von der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF), sowie der ebenfalls von der VFF vergebene Sonder-preis für serielle Formate in Höhe von 10.000 Euro, der mit 5.000 Euro dotierte Politische Film der Friedrich-Ebert-Stiftung, der NDR Nachwuchspreis (5.000 Euro), der Art Cinema Award (5.000 Euro), der undotierte Preis der Filmkritik sowie der FILMFEST HAMBURG PUBLIKUMSPREIS gestiftet von der Hapag-Lloyd Stiftung (5.000 Euro). Erstmals wird der neue MICHEL Filmpreis MAJA in Höhe von 10.000 Euro vergeben, den der Kinobetreiber Hans-Peter Jansen gestiftet hat. Das Molodist Kyiv International Film Festival vergibt den mit 3.500 Dollar dotierten Scythian Deer Award für den besten Langfilm ihres Festivals. Die Jury ist mit der Schauspielerin Alina Levshin, dem Regisseur David Wagner und der Psychologin und Journalistin Svitlana Uvarova prominent besetzt. Weitere Jurymitglieder, die über die Preisträger·innen des Festivals entscheiden, sind unter anderem die Regisseur·innen Hans-Christian Schmid, Arne Feldhusen, Nele Wohlatz und Carolin Genreith, die Schauspieler·innen Thelma Buabeng und Alexander Simon, die Vorsitzende des DGB in Hamburg, Tanja Chawla, sowie der Hochschulprofessor und Journalist Christian Stöcker.
FILMFEST HAMBURG INDUSTRY DAYS
Mit einem umfangreichen Rahmenprogramm für akkreditierte Fachbesucher·innen starten am 2. Oktober die FILMFEST HAMBURG INDUSTRY DAYS. Der Regisseur Dominik Graf wird zu Beginn mit einer »Ruck-Rede« für den deutschen Filmnachwuchs in das erste Schwerpunkthema einführen. Bis zum 6. Oktober werden in Keynotes, Panels, Workshops und geschlossenen Formaten unter anderem folgende Themen diskutiert: Förderung des Filmnachwuchses, Darstellung von Gewalt an FLINTA*, Forderung nach einem zeitgemäßen Frauenbild in Film und Fernsehen, Förderung von Filmstoffen für Protagonistinnen 60+, Diversität & Intersektionalität, grünes Produzieren sowie das für unabhängige Produ-zent·innen wichtige Thema des Rechte-Rückbehalts. Bei der ganztägigen EXPLORER KONFERENZ mit nationalen und internationalen Redner·innen stehen aktuelle Branchenthemen im Fokus. Akkreditiertenzentrum und Treffpunkt für Fach- und Festivalbesucher·innen ist das MOIN FILMFEST CAFÉ im CinemaxX Dammtor in Kooperation mit der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein. Die FILMFEST HAMBURG INDUSTRY DAYS werden un-terstützt von der Studio Hamburg Gruppe und der Chaussee SoundVision GmbH.
Mit dem FILMFEST HAMBURG #ATELIER23 bietet das Festival zum zweiten Mal einen kreativen Arbeits- und Dialograum für Filmstudierende aus Deutschland mit internationalen Debütfilmerinnen an, deren Filme bei FILMFEST HAMBURG laufen. Das FILMFEST HAMBURG #ATELIER 23 wird unterstützt von Studio Funk, Insitut Français, The Post Republic/Electric Sheep und in diesem Jahr auch von der MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein.
Die FILMFEST HAMBURG INDUSTRY DAYS schließen am 6. Oktober inhaltlich mit der EX-PLORER KONFERENZ, die diverse Themen rund um das Produzieren für Kino und TV in unterschiedlichen Formaten auf die Agenda setzt. Deutsche und internationale Sprecher·innen geben in mehr als zwölf Programmslots Einblicke in ihre Arbeit und ihre Strategien und vermitteln zukunftsorientiertes Wissen. Mit »Highlight Sweden« rückt zum ersten Mal ein europäisches Gastland in den Fokus des Programms. Speaker aus Schweden we-den mit Case Studies, Trendanalysen und Debattenbeiträgen im Gepäck nach Hamburg reisen. Erwartet wird außerdem eine Delegation schwedischer Konferenzteilnehmer·innen. Partner dieses Formats ist das Schwedische Filminstitut. Die EXPLORER KONFERENZ findet am 6.10. auf zwei Bühnen in der Katholischen Akademie Hamburg in Kooperation mit dem Produzentenverband und mit Unterstützung der MOIN Filmförderung statt. Die Teilnahme an der EXPLORER KONFERENZ ist nur mit vorheriger Ticketbuchung möglich. Die Produkti-on der Konferenz liegt in den Händen von POISON. Weitere Partner sind Letterbox Film-produktion, UFA, EAVE, Future of Film und MTH Conference.
Sponsoren & Förderer
FILMFEST HAMBURG wird gefördert und unterstützt von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg sowie von den treuen Hauptpartnern Deutsche Fernsehlotterie, Hapag-Lloyd Stiftung, Studio Hamburg Gruppe, Grand Elysee Hotel und dem Mobilitätspartner MOIA. Weitere Förderer sind die Karin und Walter Blüchert Gedächtnisstiftung, ARTE, der Hauptmedienpartner NDR sowie 60 weitere Partner, Förderer und Unterstützer. Bei der Umsetzung des nationalen Wettbewerbes des Molodist Kyiv International Film Festival bekommt das FILMFEST HAMBURG Unterstützung von der Behörde für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg sowie durch die Senatskanzlei im Rahmen des Pakts für Solidarität und Zukunft Kyiv Hamburg. Auch der zivilgesell-schaftlich initiierte »ART CONNECTS – Hilfsfonds für Projekte mit schutzsuchenden Kulturschaffenden« und die Hamburg Marketing GmbH unterstützen das Festival im Festival maßgeblich.
Abschied & Neuanfang
Das 31. Filmfest Hamburg ist Albert Wiederspiels letzte Festivalausgabe, mit der er sich nach 21 Jahren, zwei Kultursenatoren und drei Kultursenatorinnen in seiner Amtszeit und mehr als 4.000 ausgewählten Filmen verabschiedet. Die Realität zu Beginn seiner Aufgabe als Festivalleiter war eine andere als jetzt, 20 Jahre später. Das immense kulturelle Angebot, die »Eventisierung« der Kultur, das Aufkommen von Streaming-Plattformen, die Sorge um das Klima – all diese Faktoren bestimmen die gegenwärtige und zukünftige Festivalar-beit, auf die FILMFEST HAMBURG bereits reagiert hat und auch in den nächsten Jahren reagieren muss. Dabei konnte sich Albert Wiederspiel immer auf die Behörde für Kultur und Medien verlassen, »die sich nie ins Programm eingemischt und uns immer den Rücken freigehalten hat«. Seiner Nachfolgerin Malika Rabahallah wünscht Albert Wiederspiel »viel Carsten Brosda«.
FILMFEST HAMBURG findet vom 28. September bis 7. Oktober 2023 statt. Gezeigt werden rund 132 Produktionen aus aller Welt als Welt-, Europa-, Deutschland- oder Hamburg-Premieren. Festivalkinos sind das Abaton, CinemaxX Dammtor, Metropolis, Passage, das Studio-Kino und erstmals in diesem Jahr das Alabama Kino. Der Vorverkauf startet am 14. September.